Medizin-Geschichten |
Die Heilpflanze des Monats November 2015 |
Folge 43: Olivenbaum (Olea europaea) |
Wer in einem Mittelmeerland Urlaub macht, wird sie überall sehen: knorrige Olivenbäume mit ihren schmalen silbrigen Blättern. Die teilweise mehrere 100 Jahre alten Bäume strahlen eine besondere, friedlich-arkadische Atmosphäre aus. Im Schatten eines Olivenhaines kann man die Hektik des Arbeitsalltags vergessen. Um diese Jahreszeit, zwischen Oktober und Dezember, werden die Oliven geerntet. November ist also ein guter Monat, um ein bisschen von der Geschichte und der Bedeutung der Oliven zu erzählen. Olivenblüten sind unscheinbar. An Rispen sitzen zehn bis 40 Blüten. Olivenbäume blühen ab Ende April für kurze Zeit, die Früchte reifen im Herbst und im Winter. Der am meisten gefürchtete Schädling, die Olivenfruchtfliege, legt ihre Eier in reifende Früchte, die dann durch die Maden verdorben werden. Seit kurzem gibt es allerdings eine neue dramatische Krankheit: Das Bakterium Xylella fastidiosa (dt. Feuerbakterium), das eine Rebstock-Krankheit verursacht, infiziert auch Olivenbäume: Es kommt zur Austrocknung und dann zum Absterben der Bäume. Ein Gegenmittel ist noch nicht gefunden. Das Bakterium wird durch Zikaden übertragen. Es stammt aus Nord- und Lateinamerika und ist 2013 zum ersten Mal in Süditalien aufgetreten. Anfang 2015 müssen auf schätzungsweise 230 000 ha hunderttausende Olivenbäume nach Befall gefällt werden, eine weitere rasche Ausbreitung wird befürchtet. Olivenbäume prägen die Landschaft rund ums Mittelmeer. Und das bereits seit Jahrtausenden. Wo die wilde Olive ursprünglich herkommt, ist unklar. Es muss sie in Griechenland aber bereits vor über 50 000 Jahren gegeben haben. Denn beim Ausbruch des Vulkans Thera auf der Insel Santorini vor 54 000 Jahren wurden Olivenblätter von den Ascheablagerungen eingeschlossen. Unbekannt ist auch, wann und wo Oliven erstmals kultiviert wurden. Archäologische Funde deuten auf Kreta und Syrien um etwa 4000 vor Christus. Olivenbäume gehören damit zu den ältesten Kulturpflanzen der Welt. Oliven sind immer zuerst grün, dann werden sie dunkel, violett, fast schwarz, je nach Sorte. Grüne und schwarze Oliven sind also keine unterschiedlichen Sorten, wie manche meinen, sondern Oliven in verschiedenem Reifegrad. Geerntet wird zwischen Oktober und Dezember. Öl aus früh geernteten Oliven ist leicht grünlich, kräftig, fruchtig. Wird später geerntet und sind die Oliven schon reif und schwarz, ist das Öl milder. Oliven für die besten Öle werden übrigens immer noch von Hand gepflückt – ein Grund, warum besonders gutes Öl teuer ist. Oliven und das daraus gewonnene Öl (das Wort „Öl“ kommt vom botanischen Namen des Baumes) wurden in der Antike schnell zu einem Grundnahrungsmittel in der ganzen Mittelmeer-Region. Es ist deshalb nicht überraschend, dass es viele Mythen um Olivenbäume gibt. So wurde die griechische Göttin Athene von Göttervater Zeus zur Namenspatronin von Athen auserkoren, weil sie im Wettstreit mit dem Meeresgott Poseidon der Stadt das wichtigste Geschenk gemacht hatte: einen Olivenbaum, der Schatten, Öl und Holz spendete. Olivenöl wird in Güteklassen eingeteilt: „Natives Olivenöl Extra“ (auch Vièrge Extra, Extra Vergine oder Virgen Extra genannt) ist direkt aus den Oliven kaltgepresst und hat einen Anteil an freien Fettsäuren von maximal 0,8 g pro 100 g Öl. Die zweitbeste Güteklasse ist das „Native Olivenöl“, das ebenfalls direkt aus Oliven kaltgepresst ist, aber leichte Fehler und einen höheren Anteil an freien Fettsäuren hat (maximal 2 g). Und dann gibt es das gewöhnliche „Olivenöl“, das aus einer Mischung von nativem und raffiniertem Öl besteht. Es soll für das Öl besser sein, wenn höchstens zwei Drittel der verwendeten Oliven schon ganz reif, also schwarz sind. Doch das ist Geschmackssache. Am besten probiert man das Öl und kauft das, was einem am besten schmeckt. Auch im Nahen Osten lieferten Olivenbäume seit Jahrtausenden Grundnahrungsmittel. In Bibel und Koran wird der Ölbaum häufig erwähnt. Und auch in dieser Region war der Baum symbolreich und galt als Zeichen des Wohlstands und des bürgerlichen Glücks. Im sechsten Jahrhundert vor Christus kamen Olivenbäume nach Italien. Die Römer sorgten dann für die weitere Verbreitung. In Spanien etwa, heute der größte Olivenproduzent der Welt, wurden die Bäume von den Römern eingeführt, aber wohl auch von den Mauren (das spanische Wort für Olive, „aceituna“, kommt aus dem Arabischen). In der antiken Welt war der Olivenbaum ein wichtiges Symbol. Bei den Olympischen Spielen wurden die Sieger mit Olivenzweigen bekränzt. Übrigens rieben sich die Sportler nicht nur mit Olivenöl ein, sie mussten vor den Spielen laut Homer auch eine spezielle Olivenöldiät einhalten. Schon die alten Griechen wussten, wie gesund dieses Öl ist. Die Römer übernahmen die Sitte des Bekränzens. Bei ihnen galt der Kranz aus Olivenzweigen als höchste Auszeichnung. Quellen: |
Knorrige Bäume mit silbrigen Blättchen sind typisch für die Landschaft am Mittelmeer. Weit über die Hälfte der weltweit 800 Millionen Olivenbäume wachsen in dieser Region. In dem Klima mit heißem, trockenem Sommer, regenreichem Herbst und kargen Böden finden Olivenbäume ideale Lebensbedingungen. Sie sind anspruchslos und können mehrere 100 Jahre alt werden. Die Bäume können bis 20 Meter hoch werden. Doch meist werden sie recht tief beschnitten, damit man sie gut abernten kann. Es gibt etwa 1000 Olivenbaum-Arten. Angebaut werden vor allem 150 verschiedene Arten. Sie sorgen für eine geschmackliche Vielfalt des Öls, die Weinen vergleichbar ist. |